Erklärung

Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Handwerk brauchen Sicherheit statt Deregulierung und Demokratieabbau

Das Handwerk wird von 5,4 Millionen Beschäftigten getragen, sie sind in unterschiedlicher Weise von
der Corona-Krise betroffen. Die Arbeitnehmervizepräsidenten und –präsidentinnen der Handwerkskammern
nehmen in diesem Papier die Auswirkungen der Krise auf die im Handwerk beschäftigten Menschen
in den Fokus und schlagen Lösungen vor.
Die Krise hat an vielen Stellen Defizite der Handwerksstrukturen und Handwerksorganisationen offengelegt
und sich daraus ergebende ordnungspolitische Handlungsnotwendigkeit aufgezeigt. Das Handwerk
befand sich auch bereits vor der Corona-Krise in einem tiefgreifenden Transformationsprozess.
Gerade in einer Zeit voller Umbrüche kommt den Sozialpartnern eine wichtige Rolle zu. Dass eine konsensorientierte
Ordnungspolitik Erfolg hat, zeigt sich in der Industrie. Hier setzen wir uns für eine starke,
von den Sozialpartnern gestaltete Industriepolitik ein. Sie hat den politischen Anspruch, wettbewerbsfähige
industrielle Strukturen zu sichern sowie Industriearbeitsplätze in Deutschland tarifgebunden und
qualifiziert zu erhalten und auszubauen. Eine solche Politik brauchen wir auch im Handwerk. Im Handwerk
muss zukünftig Wettbewerb wieder über Qualität und nicht über den niedrigsten Preis ausgetragen werden.
Die Arbeitnehmervizepräsidenten/-innen fordern eine unverzügliche Wiederaufnahme des Branchendialogs
Handwerk unter Federführung des Bundeswirtschaftsministeriums mit dem Zentralverband des
Deutschen Handwerks (ZDH) und den Gewerkschaften. Mit dem Branchendialog können wesentliche
handwerkspolitische Handlungsansätze unter Beteiligung von Sozialpartnern, Politik, Wissenschaft und Gesellschaft zeitnah erörtert und Lösungen verabredet werden. Es braucht neben kurzfristigen Lösungen in der aktuellen Krisensituation einen neuen Ordnungsrahmen für das Handwerk.

1. Einkommenssicherung für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer
Der Staat hat das Kurzarbeitergeld aufgestockt und erstattet den Arbeitgebern 100 Prozent der Sozialbeiträge
zurück. Das trägt zum Überleben von Unternehmen bei. Für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer
mit geringen Einkommen sieht es düster aus. Hier müssen die Arbeitgeber Verantwortung übernehmen,
und vor allem für Geringverdiener, das Kurzarbeitergeld ab dem ersten Tag aufzustocken.
In einigen Bereichen entsteht die Kurzarbeit nicht allein krisenbedingt, sondern aufgrund von längerfristigen
wirtschaftlichen Veränderungen. Hier ist es wichtig, neben dem Kurzarbeitergeld auch jetzt schon
Weiterbildungsangebote zu schaffen, die den Arbeitnehmerinnen eine Perspektive über die aktuelle Krise
hinaus eröffnen. Auch in einer Zeit der höheren Förderung von Kurzarbeit sollten deswegen Anreize für
Weiterbildung während der Kurzarbeit eingeführt werden. So könnten Teilnehmende, z. B. einen Zuschlag
zum Kurzarbeitergeld bekommen.


2. Schutzschirm für Auszubildende und Qualität der Ausbildung                                                                Die Lehrgänge in den überbetrieblichen Bildungsstätten wurden zu Beginn des Shut-Downs ausgesetzt
und werden nun wieder angefahren. Diese dritte Säule der Ausbildung wird nach der Krise eine wichtige
Rolle für die Qualität der Ausbildung spielen. Deshalb darf es bei der Qualität der ÜLU-Lehrgänge keine
Kompromisse geben. Die Lehrgänge müssen ohne Kürzungen und unter Beachtung der Regeln des RKI
zum Infektionsschutz nachgeholt werden. Die Planung für die Wiederaufnahme der Lehrgänge muss von den zuständigen Organen der Selbstverwaltung des Handwerks unter Beteiligung der Arbeitnehmerseite und der zuständigen Gewerkschaften geschehen. Den zuständigen Gewerkschaften ist ein Zugang zu den Bildungsstätten zu gewährleisten.

Auch die ebenfalls ausgesetzten Prüfungen im Handwerk sind wieder angelaufen. Damit die Prüfungen
rechtssicher und vergleichbar bleiben, muss zumindest sichergestellt werden, dass dies für den Kammerbezirk
einheitlich geschieht. Bei der Planung ist die Mitbestimmung der Berufsbildungsausschüsse sicherzustellen.  Für die Auszubildenden muss verbindlich rechtliche Klarheit geschaffen werden, wenn die Prüfungen nicht mehr innerhalb der gesetzlichen Frist zur Prüfung durchgeführt werden kann. Der Ausbildungsvertrag muss in diesem Fall verlängert werden. Auch muss rechtssicher geregelt werden, dass den Auszubildenden aus den abgesagten Zwischenprüfungen keine Nachteile bei der Zulassung zur Gesellenprüfung entstehen.

Wir begrüßen die Einführung einer Ausbildungsprämie für Betriebe, die junge Menschen auch unter den
aktuell erschwerten Bedingungen ausbilden. Die Betriebe, die eine solche Prämie bekommen, müssen
eine qualitativ hochwertige Ausbildung sicherstellen. Wichtig ist auch, die Auszubildenden im Blick zu
behalten, die während des Lockdowns bereits in Ausbildung waren. Durch die Schließungen von Berufsschulen
und den Ausfall der überbetrieblichen Lehrgänge, sind hier Lücken entstanden, die zu schließen sind, damit die jungen Menschen ihre Berufsausbildung erfolgreich abschließen können. Das Handwerk ist bisher relativ gut durch die Krise gekommen, nicht alle Bereiche waren von den Lockdown-Maßnahmen gleichermaßen betroffen. Damit das Handwerk auch weiterhin optimistisch in die Zukunft schauen kann, braucht es eine erfolgreiche Fachkräftesicherung. Der Fachkräftemangel, den das Handwerk seit Jahren beklagt, ist durch die Krise nicht verschwunden. Das heißt für Betriebe, auch wenn es in der aktuellen Lage vielleicht schwerfällt, junge Menschen gut auszubilden und nach ihrer Ausbildung im Betrieb zu halten.

Richtig ist es auch, dass Unternehmen, in den Bereichen des Handwerks die stärker von der Krise und
von Kurzarbeit betroffen sind, gefördert werden, wenn sie die Ausbildung fortsetzen und Auszubildende
und Ausbildungspersonal im Betrieb lassen. Dies hilft Jugendlichen, einen erfolgreichen Berufsabschluss
zu erreichen und Sichert den Fachkräftebedarf des Handwerks. Kurzarbeit ist ein gutes Instrument, um
Arbeitslosigkeit in der Krise zu vermeiden, es ist aber kein Instrument, das für Auszubildende gut anwendbar
ist, da das Ausbildungsverhältnis besonderen Bedingungen unterliegt und besonders schützenswert ist.

3. Arbeits- und Gesundheitsschutz sicherstellen                                                                                            Es gibt in Deutschland einen sehr hohen Standard für den Arbeits- und Gesundheitsschutz.
Die Corona-Krise hat gezeigt, dass diese Standards mehr als bürokratische Belastungen sind.
Sie retten Leben! In vielen Gewerken wird mit Gefahrenstoffen umgegangen, hierzu gibt es gute Regelungen,
deren Einhaltung gefördert und überwacht werden muss. Hierzu sind die für die Überwachung zuständigen Stellen, insbesondere auf Länderebene, personell deutlich besser auszustatten. Die Beschäftigten haben ein Recht auf die Umsetzung der von den Berufsgenossenschaften aufgestellten Standards.

Ein Recht auf Arbeits- und Gesundheitsschutz brauchen auch die über Werkverträge beschäftigten Kolleginnen
und Kollegen. Werkverträge gibt es nicht nur in der Fleischindustrie, sondern insbesondere auch auf Baustellen und in der Gebäudereinigung. Werkverträge sind seit jeher ein wichtiger Bestandteil handwerklichen Wirtschaftens. Es ist jedoch dringend erforderlich die Zunahme von solchen Erscheinungsformen,
die gezielte Unterbietungsstrategien verfolgen und damit einem fairen Leistungswettbewerb
schaden, zu unterbinden!
Zu solchen Erscheinungsformen im Handwerk gehört der bewusst wettbewerbsverzerrend angelegte
Aufbau bestimmter Formen von Subunternehmerstrukturen. Es bedarf einer Prüfung, ob die Abgrenzungs-regelungen von Scheinselbstständigkeit und Soloselbstständigkeit ausreichen. Das Statusfeststellungsverfahren muss effizienter ausgestaltet werden. Es braucht Regelungen, die nicht
nur die Arbeitsverhältnisse selbst, sondern beispielsweise auch Arbeits- und Gesundheitsschutz, Sozialversicherungspflicht, Tarifbindung und die Unterkünfte solcher Strukturen erfassen.

4. Mit einem starken Ordnungsrahmen das Handwerk zukunftsfähig machen                                            Die aktuelle Krise zeigt mehr als deutlich, wie wichtig die Stärkung der Sozialpartnerschaft im
Handwerk ist. Wir fordern, die Handwerksordnung zukunftsfähig zu machen, Mitbestimmung, Selbstverwaltung
und die Sozialpartnerschaft zu stärken. Die vorliegenden Vorschläge zur Stärkung der Innungen müssen umgesetzt werden.

Die Beteiligung der Arbeitnehmer im Prüfungswesen und die Benennung der Prüfenden, analog Berufsbildungsgesetz durch die Gewerkschaften muss sichergestellt werden, auch bei neu eingeführten bzw.
einzuführenden Instrumenten zur Delegation von Teilen der Prüfungen.

Die Wiedereinführung der Meisterpflicht für Gebäudereiniger ist überfällig. Die aktuelle Krise zeigt, wie
wichtig Qualität in diesem Bereich ist. Hygienekonzepte können nur mit qualifiziertem Personal umgesetzt
werden. Diese kann nicht über Kurzschulungen in Hygiene erreicht werden.

Die aktuelle Krise, sowie diverse Rechtsstreite vor Verwaltungsgerichten sowie immer wieder aufkommende
Debatten in den Kammern über die Aufgaben der Vollversammlung und des Berufsbildungsausschusses,
zeigen dringenden ordnungspolitischen Handlungsbedarf die Rolle der zuständigen Organe in der Handwerks-ordnung verbindlicher zu definieren. Hier muss, kurzfristig durch den Gesetzgeber klargestellt werden, dass der Aufgabenkatalog der Vollversammlung im § 106 der Handwerksordnung nur die Mindestbeteiligung definiert.
Es muss sichergestellt werden, dass die Vollversammlung oberstes willensbildendes Organ der Handwerks-kammer ist. Die Festlegung der Richtlinien der Kammerarbeit und die Beschlussfassung über alle Fragen von grundsätzlicher Bedeutung müssen der Vollversammlung vorbehalten bleiben.

Von zentraler Bedeutung für die Legitimation der Selbstverwaltung ist die demokratische Abwägung der
Interessen der Kammermitglieder in den zuständigen Organen der Handwerkskammern. Hierzu gehören
immer auch die Interessen der Auszubildenden und Beschäftigten in den Handwerksbetrieben. Hier sind
Vorstände, Berufsbildungsausschüsse und Vollversammlungen die Akteure, die den Sachverstand und das
Wissen um die Notwendigkeiten in den Betrieben einbringen und gerade auch in der Krise Lösungen im
Sinne eines gerechten Interessenausgleichs festlegen können. Dieses Wissen ist das große Plus der ehrenamtlichen Selbstverwaltung, dies gilt es zu stärken.

Über die Novellierung der HwO hinaus muss ein Ordnungsrahmen für das Handwerk gestaltet werden.
Hier sehen wir mindestens folgende Handlungsfelder:

Zur Vermeidung von Niedrigrenten im Handwerk muss die gesetzliche Rentenversicherung als zentrales
Sicherungssystem gestärkt werden. Das Rentenniveau muss stabilisiert und angehoben werden. Prekäre
Beschäftigung,
Niedriglöhne oder fehlende Tarifbindung müssen beseitigt werden.

In der Vergabe darf nicht länger ein Wettbewerb um den billigsten Preis gefördert werden. Gerade in der
Krise zeigt sich, wie beständig das Bekenntnis zu sozialen Kriterien und guten Arbeitsstandards in der
öffentlichen Vergabe ist. Der Staat als öffentlicher Auftraggeber ist kein normaler Marktteilnehmer. Er darf
sich nicht allein von privatwirtschaftlichen Kostenüberlegungen leiten lassen. Vielmehr muss er seiner
besonderen Vorbildrolle gerecht werden, da es bei der öffentlichen Auftragsvergabe um eine nachhaltige
Verwendung von Steuergeldern geht.
Er muss die öffentliche Auftragsvergabe als politisches Lenkungsinstrument für soziale und ökologische
Ziele einsetzen. Dabei geht es aus gewerkschaftlicher Perspektive insbesondere um den Schutz der Marktteilnehmer/ innen vor Preisunterbietung durch Lohndumping und durch Unterlaufen arbeits- und sozialrechtlicher Standards.

Die Landesvergabegesetze mit ihren Vorgaben leisten hierzu einen wichtigen Beitrag. Zudem braucht es
eine Tariftreueregelung auf Bundesebene: Öffentliche Aufträge sollten nur an Unternehmen vergeben werden, die Tarifverträge anwenden.
Dadurch wird zusätzlich zum Schutz der Beschäftigten mittelbar auch die Geltungskraft der Tarifverträge
gestärkt. Die in der Branche üblichen Tarifstandards werden gesichert, Wettbewerbsverzerrungen verhindert und Tarifdumping durch den Staat unterbunden. Das ist in Zeiten zurückgehender Tarifbindung wichtig und stärkt die Beschäftigten gerade auch in Krisenzeiten.

Die EU-Entsenderichtlinie sieht vor, dass für entsendete Beschäftigte eine tarifliche Bezahlung nach den
Standards des Landes, in das sie entsendet werden, gelten soll. Dies muss in deutsches Recht umgesetzt
werden. Nur so kann Dumpinglöhnen Einhalt geboten werden.

Eine Lehre aus der Krise ist, dass der Schutz für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nur durch Tarifverträge
garantiert werden kann. Deshalb fordern wir, die Ausweitung der Tarifbindung etwa durch Verbesserung
der Allgemeinverbindlich-Erklärungen oder durch Vergabe öffentlicher Aufträge nur noch an tarifgebundene Unternehmen. Bis wir zu einer flächendeckenden Tarifbindung zurückkommen, muss der gesetzliche Mindestlohn spürbar erhöht werden. Voraussetzung für einen wirkungsvollen Mindestlohn ist eine tagesaktuelle Aufzeichnung der Arbeitszeit sowie wirkungsvolle und verdachtsunabhängige Kontrollen der zuständigen Finanzkontrolle Schwarzarbeit. Gerade die Erhöhung der niedrigsten Einkommen trägt dabei durch die hohe Konsumquote in Corona Zeiten zu einer Stabilisierung der Wirtschaft bei.

Wichtiger denn je ist, es, einen Ordnungsrahmen für Soloselbstständige zu schaffen. Im Handwerk treten
Soloselbstständige in direkte Konkurrenz zu Selbstständigen, die ihre Mitarbeiter nach Tarif bezahlen.
Daher muss ein Dumpingwettbewerb bei den Preisen unterbunden werden.

Das Handwerk braucht eine neue Mitbestimmungskultur. Betriebsräte brauchen mehr Einfluss auf die
berufliche Entwicklung der Beschäftigten. Dies beginnt mit der Arbeitsorganisation. Arbeitsplätze im
Handwerk müssen wieder zu Lernorten werden.

Die Personalplanung im Handwerk muss vorausschauender werden mit konkreten Personalentwicklungs-konzepten, die gemeinsam mit den Beschäftigten entwickelt werden. Betriebsräte brauchen ein Initiativrecht für Weiterbildungsmaßnahmen. Die Freistellungsgrenzen des BetrVG müssen geändert werden,damit die dezentral organisierten Betriebsräte in Handwerkskonzernen ihre Mitbestimmungsrechte besser wahrnehmen können.

Transformation im Handwerk und KMU durch passgenaue öffentliche Förderung stärken.
Das Handwerk trägt zudem maßgeblich zur flächendeckenden Versorgung der Bevölkerung auch in ländlichen
Regionen bei. Um die stabilisierende Funktion des Handwerks für die Wirtschaft und Gesellschaft dauerhaft zu erhalten, muss das Handwerk beim Transformationsprozess und Strukturwandel unterstützt werden. Gerade die überwiegend kleinbetrieblichen Strukturen im Handwerk benötigen eine besondere und  passgenaue Unter-stützung, um diesen Prozess zu gestalten. Grundlage jeglicher Förderung muss das Leitbild guter tarifgebundener Arbeit sein.

Zukunft Handwerk

Selbstverwaltung stärken – Mitbestimmung ausbauen

Die Beteiligung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in der handwerklichen Selbstverwaltung hat eine lange Tradition. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern haben in Innungen und Handwerkskammern unterschiedliche Aufgaben und Beteiligungsmöglichkeiten. Die Innungen als Fachorganisationen der Handwerksberufe haben in der Vergangenheit unter anderem, die wichtige Funktion als Tarifpartner im Handwerk erfüllt. Die Handwerkskammern als fachübergreifende Organisationseinheit sind in der regionalen Strukturpolitik, in der Gewerbeförderung und der Berufsbildung ein wichtiger Partner und Ansprechpartner für Politik, Wirtschaft und Gewerkschaften. 

Vor dem Hintergrund des massiven Strukturwandels in den Handwerksbranchen muss jedoch eine kritisch konstruktive Bestandsaufnahme erfolgen und damit verbunden eine zukunftsfähige Reform der über 6.000 Handwerksorganisationen diskutiert werden. Fester Bestandteil der Strukturdebatte muss die Beteiligung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in den Gremien der handwerklichen Selbstverwaltung sein.

Die Arbeitnehmervizepräsidentinnen und Arbeitnehmervizepräsidenten leisten mit dem DHKT Arbeitskreis Zukunft Handwerk ihren Beitrag zu einer Debatte für einen zukunftsfähigen, eigenständigen Wirtschaftsbereich Handwerk. In diesem Papier werden die Anforderungen an künftige Strukturen der einzelnen Organisationsebenen aus Sicht der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aufgezeigt.

Anforderungen an eine Reform der Innungen

Der Organisationsgrad der Betriebe in den Innungen ist seit Jahren, bis auf wenige Ausnahmen, stark rückläufig. Es ist davon auszugehen, dass in den alten Bundeslängern im Durchschnitt der Innungen lediglich noch 40 – 45 % der Betriebe organisiert sind. In den neuen Bundesländern liegt der Organisationsgrad deutlich niedriger, hier sind nur noch ca. 10 – 15 % der Betriebe in Innungen organisiert. Hierbei ist zu beachten, dass in einigen Gewerken die Organisationsdichte wesentlich höher liegt, in anderen dagegen jedoch deutlich niedriger.

In vielen Fällen können die Innungen nur schwer vermitteln, welche Leistungen sie den (potenziellen) Mitgliedsbetrieben bieten. Immer mehr Innungen und Innungsverbände ziehen sich aus dem Tarifgeschäft zurück oder schließen Dumpingtarifverträge mit Pseudogewerkschaften ab. Ein mittlerweile weit verbreitetes Instrument des Lohndumpings durch Innungen ist die Gründung von sogenannten OT (Ohne Tarifbindung) Verbänden. Diese Praxis hat viele Handwerksbranchen zu Niedriglohnsektoren verkommen lassen. Vor dem Hintergrund des Demographischen Wandels führt eine solche Politik unweigerlich zu einem erheblichen Mangel an interessierten Jugendlichen und damit Fachkräften in den betroffenen Branchen. Hier muss unverzüglich gegengesteuert werden um mit angemessenen und über verbindliche Tarifverträge abgesicherte Arbeitseinkommen Handwerksberufe wieder attraktiv zu gestalten.

In vielen Innungen sind keine Gesellenausschüsse vorhanden. Innungen die mit der Durchführung des Prüfungswesens beauftragt sind dulden Gesellenausschüsse häufig nur als Feigenblatt zur Legitimation der Prüfungsausschüsse. Aktive Gesellenausschüsse, die ihre gesetzlichen Mitwirkungsrechte einfordern, werden dagegen häufig in ihrer Arbeit behindert.

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